Wider die Ohnmacht (II): Können Banken so, wie sie wollen, oder müssen sie so, wie sie sollen?

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Rechtsanwalt Dr. Benedikt Wallner, Wien

Dass Versicherungen nicht immer so können, wie sie wollen, wurde schon an anderer Stelle behandelt (vgl. http://www.wienrecht.at/blog/262-wider-die-ohnmacht-i). Wie ist das bei Kreditinstituten?

Es häufen sich die Fallschilderungen frustrierter BankkundInnen, denen ihre Bank einfach die kalte Schulter zeigt, wenn sie sich mit Anliegen an diese wenden. Anlass für Anliegen gibt es zuhauf: Mal sind die Spesen des hauseigenen Tilgungsträgers zu hoch, mal hat der langlaufende Kreditvertrag Anpassungsbedarf; dann wieder ist es die Bank, die von ihren Kunden etwas fordert, womit diese eigentlich nicht gerechnet hatten. Obwohl es sich meist um ein entgeltliches Dauerschuldverhältnis handelt, an dem die Bank verdient, bei dem man also ein belastbares Vertrauensverhältnis ebenso annehmen sollte wie auch ein gewisses Interesse der Bank an der Kundenbindung, agieren die Institute nicht immer im Interesse ihrer Kunden – und manche reagieren überhaupt nicht mehr auf Kundenwünsche. Die sonst naheliegende Abhilfe bei Kundenunzufriedenheit – einfach den Anbieter zu wechseln – wird angesichts lang laufender Finanzierungsverträge oft an den mit dem Wechsel verbundenen Kosten scheitern. Das Großvorhaben der EU, ab 2016 kostenlose Schlichtungsverfahren einzuführen, vermag daran nichts zu ändern, wenn auf Seite der Bank die erforderliche Freiwilligkeit fehlt sich der Verbraucherschlichtung (näher dazu unter http://www.verbraucherschlichtung.or.at/) zu unterwerfen.

Erst ein Anwaltsschreiben bringt dann meist wieder Bewegung in die Sache. Denn selbstverständlich müssen auch Banken Verträge zuhalten, und die gesetzlichen Vorgaben sind mannigfaltig. Ein Beispiel:

In der bislang jüngsten (9 Ob 35/16m vom 24.06.2016, VbR 2016/104) einer ganzen Reihe von Entscheidungen (RIS-Justiz RS0019365) hat der OGH einmal mehr bekräftigt, dass zwar der Kreditvertrag von der Bank auch vor der Zeit gelöst werden kann, aber nur dann, wenn ihr die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses billigerweise nicht zugemutet werden kann und eine vermögensrechtliche Gefährdung zu befürchten ist. Ein „allgemeiner Vertrauensverlust“ reicht dafür nicht aus. Vielmehr ist Voraussetzung, dass aufgrund einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage des Kreditnehmers die Kreditrückzahlung gefährdet ist (zB gehört eine im Verhältnis zu den Kreditbeträgen geringfügige Forderung der Bank an den Kunden nicht dazu, 8 Ob 52/14a VbR 2016/56). In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Bank nach dem Ableben des Kreditkunden einfach, ohne seine Erben oder die Verlassenschaft zu verständigen, den Kredit einseitig beendet und die Sicherheiten (Goldmünzen und Nuggets) verwertet. Sie stützte sich auf eine Klausel im Vertrag.

Die Verlassenschaft klagte auf Feststellung des aufrechten Kredits und Wiederbeschaffung des Sicherungseigentums und bekam in 3 Instanzen Recht: Eine Klausel, wonach das Kreditinstitut zur Kündigung des Kredits berechtigt ist, wenn der Kreditnehmer oder Bürge stirbt, verstößt mangels genereller sachlicher Rechtfertigung eines Rücktrittsrechts des Kreditgebers gegen § 6 Abs 2 Z 1 KSchG. Der für eine vorzeitige Beendigung erforderliche wichtige Grund ist erst dann verwirklicht, wenn der in der Klausel angeführte Umstand die Erfüllung der Verbindlichkeiten gegenüber der Bank auch tatsächlich gefährden kann. Mangels Kündigungsgrund war die Kündigung daher unwirksam.

Schon zuvor (8 Ob 52/14a VbR 2016/56) wurde erkannt, dass es einem Kreditnehmer nicht verwehrt sein kann, sich gegen die Berechnung von Überziehungszinsen und Rückzahlungsspesen zu wehren, ohne gleich mit der Fälligstellung des gesamten Kredits rechnen zu müssen. Der strittige Saldo am Konto kann also die Fälligstellung der Kredite auch nicht rechtfertigen. Ebenso wenig reicht es, dass die Bank eine Unterbesicherung des Kredits nur behauptet: Herrscht darüber zum Zeitpunkt der Fälligstellung Streit, so liegt es an der Bank, eine objektiv gegebene Unterbesicherung zu beweisen.